Religion und Sexualität – das ist ein heißes Eisen. Junge Menschen beklagen die Enge von Kirchen und Religionen bei diesem Thema und verabschieden sich u. a. wegen dieser Einschätzung aus ihrer Religionsgemeinschaft.

Vor diesem Hintergrund lud Schulpfarrerin Ulrike Hinkel am 21.06.2022 zwei Vertreter von HuK in den Religionsunterricht der 10GH62 ein. HuK steht für „Homosexuelle und Kirche“.

Der Verein wurde 1977 in Deutschland gegründet; in Darmstadt gibt es wie in vielen anderen Städten einen in der Region aktiven Ableger. 

Beide Gäste erzählten anschaulich von ihrem Erleben und stellten sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler. Deutlich wurde: Als religiöse Menschen lassen sie sich ihren Platz in der Kirche nicht streitig machen. Sie engagieren sich in ihren Gemeinden, z. B. auch im Kirchenvorstand und erleben neben kritischen Anfragen auch viel Zustimmung und Interesse.

Ein Ziel des Vereins ist es, sich gegenseitig zu unterstützen und zu bestärken. Beide Männer, ein ganzes Stück älter als die Berufsschüler/-innen, einer ein früherer Friedrich-List-Schüler mit einer Ausbildung zum Großhändler erzählten offen von den ursprünglichen Schwierigkeiten, sich zur eigenen sexuellen Orientierung zu bekennen. Da hat sich viel getan, war die Stimmung in der Klasse. Aber noch immer ist Mut erforderlich, gegen den Strom zu schwimmen und zu den eigenen Bedürfnissen, der eigenen Lebensweise zu stehen.

Ob sich das Rad auch wieder rückwärts drehen könne, war eine interessante Frage. Das konnte nicht ganz ausgeschlossen werden.

Repräsentanz gegenüber den Kirchen und Religionsgemeinschaften ist ein weiteres Anliegen des ökumenischen Vereins HuK. Biblische Texte werden auf ihre Zielrichtung hin untersucht und gegebenenfalls neu interpretiert. Jesus habe die Liebe, die Verantwortung füreinander einschließt, in den Mittelpunkt gestellt und sich ansonsten nicht weiter zum Thema Sexualität geäußert, meinten die Gäste. Paulus habe Abhängigkeitsverhältnisse und die in der Antike übliche sexuelle Ausbeutung von jungen Männern kritisiert und nicht generell die gleichgeschlechtliche Liebe verurteilt. Zu den lebendigen Gottesdiensten, die HuK regelmäßig feiert, sind Menschen aller Couleur herzlich willkommen.

Ein wichtiges Anliegen des Vereins ist die Bearbeitung der unseligen Geschichte der Verfolgung gleichgeschlechtlicher Menschen, besonders im 3. Reich. Eine aufwendige Dokumentation des Leidens Betroffener wurde erstellt: In Darmstadt sind zwei Stolpersteine verlegt worden zur Erinnerung an Konrad Jakobi, der 1944 in Hadamar, und an den Theologen Heinrich Orlemann, der 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet wurde. Erst nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten fiel in Westdeutschland der umstrittene § 175 StGB, der homosexuelle Aktivitäten mit Gefängnis und dem Verlust der bürgerlichen Rechte bestrafte.

Ein Mahnmal für die Opfer des § 175 ist in Arbeit und soll am Ausgang des Herrngartens, zwischen Staatsarchiv und Hotel so bald als möglich aufgestellt werden.

Mit großer Konzentration folgten die Schülerinnen und Schüler den Ausführungen der beiden Gäste. Ihr Appell, sich das eigene Leben nicht nehmen zu lassen, wurde mit großem Beifall quittiert. So wie du bist, bist du von Gott gemeint und gewollt. So darfst du sein – und das ist gut so, lauteten die ermutigenden Schlussworte der Vertreter von HuK. 

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